Bad Honnef | Amazon, Facebook und Co. verändern die Welt. Mit einem schier rücksichtslosen Marktgebaren machen die Internetanbieter alles nieder, was sich ihnen in den Weg stellt. Arbeitsrecht, Gleichberechtigung, Moral – egal, Hauptsache Umsatz und Klicks stimmen. Und die User machen blind mit.
Dabei spielt es für sie offensichtlich keine Rolle, ob sie mit ihrer Selbstdarstellungs-Manie Einbrechern Hinweise geben, dass der Weg frei ist – Ihr könnt kommen, „… besaufe mich gerade saugeil auf Malle“; Superkluge teilen minütlich per Map mit, wo sie sich gerade aufhalten; sogar wirklich Kluge lassen die User teilhaben am Kartoffelschälen und zeigen dabei fotografisch jede Ecke ihres Heimes.
Bedeutend schlimmer sind allerdings die Denunzierungstaten. Da ist Hemmungslosigkeit angesagt und ohne Belang, ob es sich um Haus, Hof oder Hund handelt – oder gar den Menschen selbst.
Jüngste Beispiele aus Bad Honnef: Eine Pizzeria wird umgbaut. Schnell ist klar, dass der „Betrieb pleite ist und sowieso die schlechteste Pizza verkauft hat“, die es in Bad Honnef je gegeben hat. Nebenbei werden gleich noch ein paar andere Gastronomien abgewatscht und man wundert sich, dass hier überhaupt noch irgendwo Pizza gegessen wird.
Richtig ist: Das Restaurant wird renoviert und vom selben Betreiber bald wieder eröffnet.
Richtig ätzend wurde in dieser Woche eine unruhige Nacht in der Innenstadt auf Facebook kommentiert. Sofort war klar, dass es die Gäste eines neuen Restaurants sein mussten, die nach Mitternacht die braven Bürger um den Schlaf brachten. Verständlich, dass die Gäste der Top-Gastronomie „asozial“ sind und der Wirt gegen jede Kritik „noch“ schmerzfrei.
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Für das, was als klare Gewaltandrohung verstanden werden kann, gabs noch nicht einmal eine Entschuldigung.
Richtig ist: Das Restaurant hatte bereits um 23 Uhr geschlossen, kein Gast war mehr in oder vor der Lokalität.
Die Kommentarverläufe sind übrigens immer noch zu lesen.
Der Kabarettist Dieter Nuhr bezeichnete unlängst solche Shitstorms als einen „Massenauflauf, der zum Ziel hat, den Andersmeinenden durch massenhaften Bewurf mit verbalen Exkrementen mundtot zu machen“, die FAZ findet: „Wir befinden uns auf dem Weg zurück ins Mittelalter“.
Noch einmal Nuhr: „Die im Internet üblichen Beschimpfungen, Beleidigungen, Todeswünsche, Drohungen, was der Mensch halt so ausstößt, wenn er sich an seiner Tastatur unbeobachtet fühlt, habe ich wie immer staunend beobachtet. Wo erfährt man so ungeschminkt, wie er ist, der Mensch?“
Habe ich auch mit Schrecken verfolgt. Schlimm! Wir werden uns demnächst auch mal wieder eine Pizza dort bestellen, wäre schade wenn die mal zu machen sollten. Hoffentlich gibt es nach der Wiedereröffnung die 28C noch :-) die Tafel vor anderem besagten Restaurant hat mich persönlich allerdings abgeschreckt mit einem überschaubaren Menü für 38,90€ (!!).
@Thomas: ich War kürzlich dort, wir haben zu zweit unter 60 EUR „auf dem Deckel“ gehabt und jeder Cent war es wert. Die Qualität ist vergleichbar mir dem La Vigña und entsprechend sind die Preise vollkommen gerechtfertigt. Ich selbst habe vor gut 25 Jahren meine Ausbildung in der Gastronomie abgeschlossen und nach einigen Jahren im Gewerbe an einer privaten FH BWL mit Schwerpunkt Gastronomie und Hotelfach studiert, weiß also wovon ich rede. Wenn man mit qualitativ hochwertigen Zutaten und ansprechender Umgebung Speisen von ausgebildetem Fachpersonal servieren will wird es schwer für unter 30 EUR Gäste satt zu bekommen! Da muss man dann entweder im Einkauf deutlich sparsamer einkaufen oder am Personal oder der Dekoration und dem Ambiente.