Die Situation ist surreal: In Europa, in der Ukraine, ist seit einem Jahr Krieg mit zigtausend Toten und Verletzten. Ganze Städte wurden und werden dem Erdboden gleichgemacht.
In der Türkei und im asiatischen Syrien stürzte ein verheerendes Erdbeben die Welt in Trauer. Experten erwarten über 100.000 Tote. Gerade zur Türkei hat Deutschland wegen der vielen türkischen Freunde, die hier im Lande leben, eine starke Bindung. Und zur Ukraine wegen der vielen Flüchtlinge, die in Deutschland leben ebenso. Nicht zu vergessen: Im deutschen Vernichtungskrieg verlor die Ukraine ein Viertel ihrer Bevölkerung.
Szenenwechsel! Zur selben Zeit wird in vielen deutschen Städten Karneval oder Fastnacht gefeiert. Als die USA und ihre Verbündeten 1991 die irakische Hauptstadt Bagdad bombardierten, sagte der damalige Festkomitee-Präsident Gisbert Brovot den Kölner Rosenmontagszug ab.
Keine Angst! Es folgt keine Aufforderung, den Karneval abzusagen. Nur eine kleine Erinnerung:
„Karneval“ heißt übersetzt „Fleisch – lebe wohl“.
„Seit dem 17. Jahrhundert ist „Karneval“ bezeugt, doch dessen Wortgeschichte bleibt unklar. Die heute geläufigste Erklärung nimmt Bezug auf die Fastenzeit als fleischlose Zeit und sieht die Ursprünge des Begriffs Karneval im lateinischen „carne vale“ („Fleisch – lebe wohl“)“. (Quelle: Erzbistum Köln)
Offensichtlich steht Karneval für eine Art Regeneration von Körper und Geist nach – offensichtlich – ungesunder Völlerei. Noch einmal die Sau rauslassen, bevor dann die Fastenzeit beginnt.
Jeder möge die Situation in der Welt ins eigene Verhältnis von Empathie und Moral setzen. Wohltuend, als der Aegidienberger Prinz gestern Abend im Café Schlimbach in all dem Trubel auch den Krieg und die Opfer des Erdbebens ansprach. Und wieder auf die fast vergessene Flutkatastrophe im Ahrtal aufmerksam machte. Wie nah nur ist das Unheil.
Die Jecken werden wissen, wie empathisch sie auf Katastrophen reagieren wollen. Was wäre das für ein starkes Zeichen, wenn die Karnevalszüge einen Moment innehalten würden – in Gedenken an das Leid in der Ukraine, der Türkei, in Syrien – und andere Krisenregionen der Welt?