Kurzfristige Kreißsaalschließungen sind eine Zumutung

Bad Honnef – Über 100 geschlossene oder von der Schließung bedrohte Kreißsäle gibt es seit 2015 bundesweit. Aktuell wurde die Schließung des Kreißsaals im CURA Krankenhaus in Bad Honnef zum 1.3. bekannt gegeben, sowie die Aussetzung der Geburtshilfe ab dem 1.2. im Elisabethkrankenhaus in Grevenbroich. Eltern fordern vorausschauende Planung.

„Das ist nun der achte oder neunte Kreißsaal in der Region, der seit 2000 geschlossen wird. Ich bin es müde, immer im Nachhinein zuzusehen, wie sich alle gegenseitig die Schuld in die Schuhe schieben.“ sagt Gerit Sonntag vom Verein Mother Hood e.V.

Bei jeder Kreißsaalschließung organisieren Eltern und Hebammen öffentliche Aktionen wie Mahnwachen, Demonstrationen, Flashmobs und online Petitionen. Sie treffen lokale Akteure, um die Aufmerksamkeit auf die Missstände in der Geburtshilfe zu lenken. Die Krankenhausbetreiber sehen sich zur Schließung gezwungen, weil kleine geburtshilfliche Abteilungen aufgrund der politischen Vorgaben ein Verlustgeschäft sind. „Wenn wir mit Politikerinnen oder Politikern sprechen, heißt es immer, sie würden unsere Forderung nach der rechtlich verbrieften Wahlfreiheit unterstützen, aber die konkrete Schließung können sie nicht verhindern.“ berichtet Sonntag.

Der Vorschlag, einen lokalen Runden Tisch zu gründen, um weiteren Schließungen vorzubeugen, bzw. vorausschauend und langfristig zu planen, wurde bisher nicht umgesetzt. „Wir können wieder nur Schadensbegrenzung anbieten, indem wir die Betroffenen untereinander vernetzten und so zum besseren Informationsfluss beitragen“, so motiviert Sonntag das SOS-Erzählcafé, das anlässlich der Kreißsaalschließung angeboten wird.

SOS steht für Save our Souls – Bei unfreiwilligen und oft traurigen Schließungen von Geburtskliniken und –praxen dokumentieren SOS-Erzählcafés die Erfahrungen von Eltern, Hebammen und Ärzt.innen und machen öffentlich, welches Potential verloren geht. Statt Ohnmacht soll etwas Neues entstehen, das die Erfahrungen bewahrt.

Die Lokalgruppe Bonn und Umgebung von Mother Hood e.V. lädt alle Eltern und Hebammen mit Bezug zum Kreißsaal in Bad Honnef zu einem online SOS-Erzählcafé am Samstag, 6. Februar 16:00 –18:00 Uhr ein. Anmeldungen per E-Mail an bonn@mother-hood.de.

Bedeutung der Wahlfreiheit wird oft unterschätzt

„In unseren Gesprächen bemerken wir oft ein absolutes Unverständnis dafür, was werdenden Eltern wichtig ist. Schwangere Frauen überlegen sehr lange wo sie gebären möchten, diese Entscheidung wird aber durch zunehmend schlechtere Rahmenbedingungen ausgehöhlt.“ sagte Sonntag. So hat die online Petition gegen die Kreißsaalschließung in Bad Honnef innerhalb weniger Tage über 5.000 Unterzeichnungen erreicht.

Der individuelle Geburtsort ist nicht nur von großer persönlicher Bedeutung für jede Frau, die Wahlfreiheit ist ihnen sogar gesetzlich zugesichert. Schwangere, die nicht zu den Risikogruppen gehören, wählen dabei oft kleinere Kreißsäle, um in einer ruhigen intimen Umgebung zu gebären. Gerade diese Kreißsäle werden nach und nach geschlossen. „In Bad Honnef mit seinen rund 500 Geburten im Jahr herrscht eine ganz andere Atmosphäre,“ so Sonntag, „als in den Perinatalzentren St. Marien und Uniklinik Bonn“. Die Uniklinik hat Ende 2020 die Marke der 2.500 Geburten pro Jahr erreicht. Auch das Modell der Beleghebamme, wobei die Hebamme die Frau durchgängig in der Vor-, Nachsorge und während der Geburt betreut, gibt es in den großen Kliniken nicht.

Umkehr der Zentralisierungstendenzen gefordert

„Wir setzen uns für den Erhalt der flächendeckenden Versorgung durch kleinere geburtshilfliche Einrichtungen ein,“ sagt Dr. Sonntag. „Gerade in Zeiten einer Pandemie müssen wir die bereits erfolgten Zentralisierungstendenzen umkehren und allen Frauen wohnortnahe Geburten ermöglichen.“ Konkrete Lösungsansätze hat Mother Hood in einem 10-PunktePlan erarbeitet, der auf der Internetseite des Vereins abrufbar ist.

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