Weniger anonym und egoistisch, dafür mehr am Gemeinwohl interessiert und ein offenes Ohr und ein sehendes Auge für die Belange der Mitmenschen. So oder so ähnlich haben meine Familie und ich uns Bad Honnef ausgemalt, als wir uns vor gut einem Jahr entschlossen, dem ruppigen Berlin den Rücken zu kehren und uns dem fröhlichen Rheinland zuzuwenden.
Aus voller Überzeugung, für uns und unsere drei kleinen Kinder die richtige Entscheidung getroffen zu haben, kämpften wir uns ein dreiviertel Jahr lang durch Immobilienportale, annoncierten in Facebook-Gruppen, mobilisierten Freunde und Bekannte, telefonierten uns durch Maklerhotlines und schrieben herzerwärmende Bittstellerbriefe an Immobilieneigentümer. Schlussendlich wurden wir fündig und freuen uns nun täglich über den Ausblick auf Drachenfels, den Kirchturm und die wunderschön exotischen Halsbandsittiche, die durch unseren Garten sausen.
Die Nachbarn wunderbar, die Wege kurz, der Kindergarten top, der rheinische Singsang an jeder Kasse. Ende gut, alles gut, könnte man meinen. Wäre da nicht ein Streit, der, gelinde gesagt, irritiert: In emotional schriller Tonlage vorgetragen soll durch einen Bürgerentscheid verhindert werden, ein sich im Eigentum der Stadt befindendes Gelände für eine mögliche Wohnbebauung für Familien zu prüfen.
Eine Bebauung, die ausdrücklich das Ziel verfolgt, bezahlbaren Wohnraum für Familien in der von der demografischen Entwicklung besonders betroffenen Kleinstadt zu schaffen. Wir verlegten unseren Sonntagsspaziergang in das zur Diskussion stehende Gelände entlang der B 42, nördlich des Stadtgartens: Warum, um Himmels willen, darf dieser Bereich noch nicht einmal hinsichtlich seiner Baueignung geprüft werden? Wäre nicht der Blick auf spielende Kinder schöner als auf Brombeerhecken und verlotterte Schrebergärten?
Aber am besten überzeugen Sie sich selbst! Demokratie lebt vom Ringen um Argumente. Dabei darf es auch emotional zugehen. Aber das Verbreiten von bewussten Fehlinformationen, das Projizieren von Zerrbildern und das Schüren von Ängsten haben eine zerstörerische Kraft. Ich habe mir daher ein eigenes Bild gemacht und weiß, wie ich am 6. Januar abstimmen werde.
Franziska Collet