Täglich schlackern einem die Ohren, geht es um den digitalen Fortschritt in Deutschland. Das Corona-App-Dilemma ist vielleicht das aktuellste Beispiel. Vom Datenschutzfetisch einmal abgesehen.
Mit zu den Verschlafenen gehören viele deutsche Zeitungsverlage, die lange Zeit nicht realisieren wollten, dass sie mit der Digitalisierung einen neuen Schritt in den Tag gehen mussten. Vermutlich wird es für manche zu spät sein. („Die Medien gehören bekanntlich zu den strukturkonservativsten Branchen“. Judith Wittwer, Chefredakteurin Süddeutsche Zeitung.)
Print ist klasse. Aber wer sein tolles Produkt nicht an die veränderten Rahmenbedingungen anpasst (und dazu gehören das Zusammenspiel von digitalen und Printangeboten plus neue inhaltliche Konzepte), muss mit dem Niedergang rechnen.
Und den erleben viele Zeitungsverlage in Deutschland seit Jahren. Die Auflagen sinken und sinken (bis auf wenige Ausnahmen). Oft wurde diese Entwicklung mit verlegerischer Arroganz tatenlos beobachtet. Nach dem Motto: Das geht vorüber. Ergebnis: Zeitungen werden eingestampft, Verlage zusammengefasst. Vielfalt – und damit auch Meinungsvielfalt – stirbt. Eine gefährliche Entwicklung.
Das hat auch die Politik erkannt und will nun die Verbreitung von Abonnementzeitungen und -zeitschriften fördern („Digitale Transformation des Verlagswesens“), „die in Deutschland physisch zugestellt werden“. Dazu gehören Anzeigenblätter mit einem redaktionellen Anteil von „mindestens 30 Prozent“. Insgesamt werden 220 Millionen verteilt.
Was es bei einem nicht mehr sonderlich akzeptierten Produkt zu fördern gibt, bleibt wohl Geheimnis der Politik. Auch, wie sich bei staatlicher Subventionierung die Trennung von Staat und Presse entwickelt.
Nicht berücksichtigt werden bei dem Förderprojekt die sogenannten digitalen Publisher, die mit hohem Risiko und Engagement, dafür kleinster Personaldecke seit Jahren dazu beitragen, dass News heute schneller und in digitaler Form aufrufbar sind. Gerade hier wäre doch eine Förderung angebracht, um die Qualität der Portale redaktionell und technisch weiterentwickeln zu können. Fraglich allerdings, ob das wegen der Unabhängigkeit von den Publishern überhaupt gewollt wäre.
Es bleibt, wie es ist: Wer lange schläft, den weckt der Staat irgendwann auf, damit er Fördergelder abkassieren kann.
Zuständig für die verlegerischen Rettungsringe ist das Wirtschaftsministerium von Peter Altmaier (CDU). Staatsministerin für Digitalisierung ist Dorothee Bär (CSU).