Bad Honnef – Stadtentwicklung kann spannend sein, aber auch kompliziert. Besonders schwierig wird es, wenn private Grundstücke für die Gestaltung benötigt werden, die Eigentümer sie aber aus Eigennutz nicht zur Verfügung stellen bzw. zum Kauf anbieten.
So kämpften jahrelang verschiedene Bad Honnefer Stadtoberhäupter um Grundstücke zwischen Kirchstraße, Saynscher Hof und Hauptstraße. Erfolglos. Nun gelang es der Domus Wohnen XI GmbH & Co. KG aus Köln, die hartnäckigen Eigentümer zu überzeugen. Vermutlich mit hohen Kaufpreisen.
Die Domus Immobilien AG ist als inhabergeführter, unabhängiger Projektentwickler und Bauträger mit derzeit 27 Tochterunternehmen spezialisiert auf hochwertige Bauvorhaben. Eins davon wird jetzt also auch in Bad Honnef umgesetzt. Der erste Spatenstich soll 2022 erfolgen. Die Dauer der Gesamtbauzeit, die vor allem die Geschäftsleute in der City interessieren wird, ist nicht bekannt.
Gebaut werden sollen Ladenlokale und Gewerbeeinrichtungen mit 1.450 qm Nettoflächen und Wohnungen mit 4.450 qm Wohnflächen. Da auch eine öffentliche Fläche bebaut wird, gab es zwischen Stadt und Domus quasi einen Deal: Grundstück gegen Bau öffentlicher Parkflächen. Nicht verhandelt wurde offensichtlich der Bau preiswerten Wohnraums. Und das, obwohl es einen Beschluss aus dem Jahr 2017 gibt, der besagt:
„Die Verwaltung wirkt – unter Ausnutzung der ihr zur Verfügung stehenden Instrumentarien – bei der Planung künftiger Bauvorhaben darauf hin, dass ein angemessener Anteil (ca. 25%) an Wohnraumflächen geschaffen werden, die auch von jungen Familien mit mittleren Einkommen bezahlt oder finanziert werden können und/oder den Anforderungen des Wohnbauförderungsgesetzes entsprechen. Die Stadt verfolgt damit das Ziel, eine Mischung von gebundenen und frei finanzierten Wohnungsbau zu erreichen.“
Der Beschluss wurde damals einstimmig gefasst.
In der Februar-Sitzung des Ausschusses für Stadt- und Quartiersentwicklung, Planen, Bauen und Digitalisierung im Februar wollten GRÜNE und SPD 25% der neuen Wohnungen zwischen Kirchstraße, Saynscher Hof und Hauptstraße als geförderten Wohnungsbau festschreiben. Gegen die Mehrheit von CDU, Bürgerblock und FDP kam das nicht zustande.
In der Ausschusssitzung am letzten Dienstag wurde eine Tischvorlage der Domus GmbH verteilt. In der gab die Gesellschaft bekannt, dass die Stadt Bad Honnef „mit uns, unter Verweis auf einen bestehenden Beschluss, Gespräche dazu geführt hat, ob und wie ein Anteil von rund 25 % an Wohnflächen geschaffen werden kann, der preisgedämpft z.B. für Paare und junge Familien mit mittleren Einkommen finanziert werden kann (preisgedämpfter Wohnraum)“. Antwort: „Aufgrund der Bodenpreise in zentralster Innenstadtlage ist es uns nicht möglich, im Kalkulationsrahmen dieses Projekts solche Wohnungen anzubieten.“
Gründe für die Absage seien unter anderem auch die Schaffung zusätzlicher Parkmöglichkeiten im Untergeschoss und dass sich – nach Vorgabe der Stadt – Gebäude städtebaulich einfügen würden. Domus spricht dabei von Investitionen bzw. Beschränkungen im öffentlichen Interesse, „die wir mittragen, obwohl sie die Projektökonomie beeinträchtigen“.
Insgesamt stellten GRÜNE und SPD zusammen sechs Anträge zu dem Bauvorhaben Am Saynschen Hof/Kirchstraße und Hauptstraße. In den Anträgen ging es erneut um die Berücksichtigung eines Anteils für geförderten Wohnraum, um eine kleinteiligere Fassadengestelltung und Begrünung, die Reduzierung der Höhe der beiden Baukörper oder auch um die Nutzung von alternativen Energien.
SPD-Ausschussmitglied Annette Stegger betonte, dass es bei den Anträgen nicht um einen Angriff auf das Projekt ginge, sondern um Optimierung. Frédéric Fraund von den GRÜNEN wies darauf hin, dass die Stadt Bonn 2018 als erste NRW-Kommune eine 40-Prozent-Quote für Sozialwohnungen beschlossen hätte, was ja auch für den Einzugsbereich Bad Honnef von Bedeutung sei, und der grüne Klaus Wegener erinnerte daran, dass die Politik bei Planungen den Hebel in der Hand habe.
Die CDU sieht das offensichtlich anders und befürchtet, dass die Festschreibung von 25% der Wohnungen als geförderten Wohnungsbau die private Investition und damit die Zukunft der Innenstadt erheblich gefährden würde. Für sozialen Wohnraum gäbe es an anderen Stellen in Bad Honnef geeignetere Möglichkeiten.
Die Reduzierung der beiden großen Gebäudekomplexe um ein Stockwerk, wie von der SPD gewünscht, bedeute für ihn eine „ganz neue Geschäftsgrundlage“. Wegen der Kompliziertheit könne man da viel kaputtmachen.
Keiner der von SPD und GRÜNEN gestellten Anträge fand eine Mehrheit. CDU, Bürgerblock und FDP haben gegenüber SPD und GRÜNEN im Planungsausschuss eine Stimme mehr.
SPD-Ausschussmitglied Kerstin Salchow schrieb am Anschluss an die Sitzung in einem Facebook-Beitrag, sie lerne: „Sozialer Wohnungsbau kann nicht dort stattfinden, wo Parkplätze Vorrang haben.“
Und sie zitierte FDP-Ausschussmitglied Horst Mirbach, für den es keinen Anlass gebe anzunehmen, dass der Investor ein überzogenes Gewinnstreben habe.
Mehrheitlich beschlossen wurde als Zugang vom Saynschen Hof zur Fußgängerzone eine Treppe und ein Aufzug (statt Rampe) und die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit gemäß § 3 Abs. 1 BauGB auf der Grundlage der Vorhabenkonzeptionen:
„Kirchstraße/ Am Saynschen Hof“Saynscher Hof
„Erweiterung Fußgängerzone Franz-Xaver-Trips-Platz/ Am Saynschen Hof“
Bei der unheiligen Allianz aus Konservativen und zwei Gruppierungen, die sich ausschließlich für die wirtschaftlichen Interessen ihrer (wenigen) Mitglieder einsetzen, war nichts anderes zu erwarten.