Unter dem Titel „Unsere Innenstadt 2021 – Planungen, Ideen und vieles mehr …“ verschickte die Stadt in dieser Woche einen Themenplan incl. Praxisanleitung zum Stadtmarketing an „die Einzelhändlerinnen und Einzelhändler, Gastgeber sowie Immobilieneigentümerinnen und -eigentümer in der Bad Honnefer Innenstadt“. Bei den kurzfristigen Maßnahmen spielt das Kiezkaufhaus eine bedeutende Rolle. Man wolle die Plattform für das Stadtmarketing weiterentwickeln.
Das überrascht! Will man hier mit einem lahmen Gaul ein Derby gewinnen?
Mit 200.000 EUR Steuergeldern gefördert, dümpelt das Portal auch drei Jahre nach Start immer noch mit nur mäßigem Erfolg dahin. 31 Händler sind auf der Website gelistet (150 waren geplant), davon acht mit Shop-Anbindung. Auch das Vorteilcenter Unkel wird aufgeführt, obwohl dieser Anbieter sicherlich keine Gewerbesteuer in Bad Honnef zahlt.
Welche Einnahmen und Ausgaben das Kiezkaufhaus Bad Honnef bilanziert, welchen Nutzen es der Stadt (in Zahlen ausgedrückt) bringt, wer die Hauptzielgruppen sind, dürfte dem gemeinen Bürger nicht bekannt sein. Seit über einem halben Jahr versucht auch Honnef heute Basisdaten wie Einnahmen/Ausgaben, Personal, Kunden, Nutzer, Erfolgsbilanz … in Erfahrung zu bringen. Antworten bleibt die Stadt stets schuldig. Auch die SPD hatte kein Glück.
Ursprünglich sollten am Kiezkaufhausprojekt teilnehmende Unternehmen für die Veröffentlichung ihrer Geschäftsdaten bezahlen: pro Eintrag 450 EUR, 25 EUR im Monat für einen Shop und für eine Präsenz 15 EUR. Hinzukommen sollten 10 Prozent Provision auf jedes verkaufte Produkt. Jetzt kann man die Geschäftsdaten kostenlos eintragen lassen. Die Lieferkosten wurden von 7,50 EUR auf 2,50 EUR abgesenkt. Eine Boutique würde im vergleichbaren Fall also ihre Kleider verschenken.
Die Kiezkaufhaus-Mutter in Wiesbaden stellte Anfang 2020 ihren operativen Betrieb ein. Es rechnete sich nicht. Als Hauptgrund nennt sie, „dass eine solche gemeinwohlorientierte Plattform von der Stadt als „digitale Infrastruktur“ bereitgestellt werden müsste. Vor allem, wenn man möchte, dass der lokal geführte Einzelhandel nicht noch weiter ausstirbt. Um so mehr freut es uns, dass das Kiezkaufhaus in Bad Honnef in seiner Vollversion seitens der Stadt getragen wird“. Seitens der Steuerzahler:innen. Bad Honnef hats ja.
Die Wirtschaftsregion Wiesbaden verfügt über eine Kaufkraft von 12,1 Milliarden EUR, Bad Honnef über 74 Mio. In der hessischen Landeshauptstadt funktioniert es nicht, Bad Honnef investiert heiter weiter. Und das, obwohl im Rat schon wieder das Wort „Haushaltssicherung“ in den Mund genommen wird.
Digitales Innenstadtmarketing in Verbindung mit umweltfreundlichem Transport ist eine gute Sache, das Projekt Kiezkaufhaus verkorkst. Das liegt nicht an dem Kiezkaufhaus-Personal, sondern an der Politik, die blauäugig und unwissend einfach mit „Ja“ gestimmt hat.
Mit dem Kiezkaufhaus Bad Honnef sei man „ganz vorne dabei“, heißt es in dem städtischen Mutmacherpapier. Es scheint allerdings, als sei man mit 31 Einträgen ganz schön weit hinten.
Das „Kiezkaufhaus“ muss endlich auf den Prüfstand, Transparenz ist wichtig. Die Steuerzahler dürfen nicht länger im Dunkeln stehen und mit schönen PR-Beiträgen eingelullt werden. Schließlich handelt es sich um ein „Gemeinwohlprojekt“. – Wenn alles gut läuft, ist ja alles gut. Warum dann diese Heimlichtuerei?
Läufts nicht gut, begehen die Verantwortlichen einen großen Fehler und gefährden in Bad Honnef die Akzeptanz dringend notwendiger digitaler Stadtmarketingprojekte.
Was sollte dann geschehen?
Ehrlich Bilanz ziehen. Unternehmen und Stadtmarketing als Aktiv-Gemeinschaft zusammenbringen. Ohne Vorbehalte die digitale Zukunft der Innenstadt und Stadt gemeinsam neu gestalten. Als Teil von „Unsere (Innen)Stadt 2021“.